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Was sich verändert
USA unter Donald Trump

Nach dem unerwarteten Wahlsieg von Donald Trump ist das Interesse an einer möglichen Neuausrichtung der amerikanischen Innen- und Außenpolitik sehr groß. Um sich ein Bild über die Lage in Amerika zu machen, begab sich die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Prof. Ursula Männle, vom 4. bis 6. Dezember 2016 zusammen mit dem Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan und dem Münchner Journalisten Marc Sauber nach Washington.

Blick in den Konferenzsaal bei der Abendveranstaltung

Blick in den Konferenzsaal bei der Abendveranstaltung

Aus den Hintergrundgesprächen mit Think Tank Vertretern folgte, dass der künftige Regierungskurs noch schwer einzuschätzen ist. Erste Personalentscheidungen wie die Berufung von General James Mattis zum Verteidigungsminister legten laut Mark Green, Präsident des International Republican Institute, nahe, dass Donald Trump einerseits Fachleute in sein Team hole, andererseits aber eine Politik des Wandels mit disruptiven Elementen propagiere. So ambivalent die Regierungspolitik derzeit noch erscheine, so sicher könne man aber davon ausgehen, dass die Bedeutung des Congress stark zunehmen werde. Karen Donfried, Präsidentin des German Marshall Fund, und der GMF-Sicherheitsexperte Derek Chollet wiesen auf die Gefahr hin, dass unter Donald Trump die anti-amerikanischen Tendenzen in Europa steigen könnten. Der neue US-Präsident stehe der Globalisierung und dem Multilateralismus skeptisch gegenüber und setze stattdessen auf eine nationale Interessenpolitik unter dem Motto "America First". Die EU sollte daher keine große Hilfe dabei erwarten, die populistischen anti-europäischen Kräfte im Zaum zu halten. Donald Trump sei aber nicht wegen seiner außenpolitischen Aussagen gewählt worden, sondern weil der Wähler einen Wandel der Innenpolitik wollte. Für die Bevölkerung lauteten die wichtigsten Themen Steuerreform und Arbeitsplätze. In einem Roundtable beim Petersen-Institut für internationale Wirtschaft, bei dem Alexander Radwan die Hintergründe von Brexit, Griechenland-Krise und Migrationskrise erläuterte, waren auch selbstkritische Töne zu hören.

Kongressabgeordneter Ted Deutch im Gespräch mit der HSS-Delegation

Kongressabgeordneter Ted Deutch im Gespräch mit der HSS-Delegation

Unruhige Zeiten für die Weltwirtschaft

Die Befürworter des Freihandels seien im US-Wahlkampf zu leise gewesen, so dass das Transpazifische Abkommen TPP unter der neuen Regierung keine Aussicht auf Unterzeichnung habe und der Freihandelsvertrag mit Europa (TTIP) in weite Ferne gerückt sei. Die USA werden sich unter Donald Trump zuvorderst um sich selbst kümmern und den Blick nach innen richten. Der Weltwirtschaft, so das Resumee von Steffen Meyer, dem deutschen Exekutivdirektor beim Internationalen Währungsfonds, stünden also unruhige Zeiten bevor. Der US-Druck auf Deutschland, mehr für die Binnenkonjunktur zu tun und die Exportüberschüsse abzubauen, dürfte zunehmen.
Im Unterschied zu den Wissenschaftlern blickten Unternehmensvertreter, mit denen die bayerische Delegation im Rahmen eines Mittagessens beim German-American Business Council zusammentraf, durchaus optimistisch in die Zukunft. Der Ansatz, die Regulierungsauflagen für den Mittelstand zu reduzieren und über eine Steuerreform Wirtschaftswachstum zu kreieren, ohne die Neuverschuldung zu erhöhen, sei ein ermutigendes Signal.

Republikanischer Senator Chuck Grassley

Republikanischer Senator Chuck Grassley

Bundesregierung setzt auf konstruktive Zusammenarbeit

Der Besuch in Washington diente auch dazu, die politische Dynamik der letzten Monate besser zu verstehen. Terry Nelson, ein erfahrener Wahlkampfmanager der Republikaner und Gründer der Agentur FP1, analysierte, wie Hillary Clinton trotz ihrer technisch überlegenen Wahlkampagne angesichts der dominanten Wechselstimmung den Kürzeren zog. Sie konnte keine überzeugende Botschaft vermitteln, während Donald Trumps Slogan "Make America Great Again" die Wähler emotional ansprach. Der Deutsche Botschafter Dr. Peter Wittig erläuterte die Besonderheiten des Wahlkampfes und machte deutlich, dass die Bundesregierung der konstruktiven Zusammenarbeit mit der neuen US-Administration erwartungsvoll entgegenblicke. Um den protektionistischen Tendenzen etwas entgegenzusetzen, rief Bill Moeller, Europa-Direktor im US-Handelsministerium, die EU dazu auf, ihre zögerliche Haltung zu TTIP aufzugeben. Grundsätzlich stünden die transatlantischen Beziehungen aber auf einem soliden Fundament, was Frau Robin Quinvill, Europa-Direktorin im US-Außenministerium, ausdrücklich betonte.
Die Termine im Congress standen im Zeichen des künftigen Verhältnisses zur neuen Administration. Chuck Grassley, republikanischer Senator aus Iowa, zeigte sich zuversichtlich, dass sich einige umstrittene Wahlkampfaussagen des Präsidenten z.B. in der Handels-, Migrations- und Außenpolitik nicht im Regierungshandeln widerspiegeln würden. Ted Deutch, demokratischer House-Abgeordneter aus Florida, gewährte Einblicke in das Innenleben der demokratischen Partei, die jetzt die verlorene Wahl aufarbeiten und sich stärker um die Verlustängste ihrer potentiellen Wähler kümmern müsse.

Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer

Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer

Keine internationale Sicherheit ohne Engagement der USA

Ein besonderer Höhepunkt des Gesprächsprogrammes war die große Abendveranstaltung vor 100 amerikanischen und internationalen Gästen im Army and Navy Club mit dem Bundestagsvizepräsidenten Johannes Singhammer als Festredner. Die Stiftungsvorsitzende bekräftigte, dass die Hanns-Seidel-Stiftung ihr USA-Engagement nicht zurückfahren werde, und stellte in diesem Zusammenhang den neuen Washingtoner Büroleiter Christian Forstner vor. Johannes Singhammer legte im Anschluss daran ein beeindruckendes Bekenntnis zur deutsch-amerikanischen Freundschaft ab. Er spannte den Bogen vom Marshall-Plan, der den Wiederaufbau Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg ermöglichte, bis zu Ronald Reagans berühmten Worten an die Adresse Gorbatschows: „Reißen Sie die Mauer ein!“ Die globalen Herausforderungen, zu denen Johannes Singhammer insbesondere die Sicherheitslage in Europa und die demographischen Entwicklungen in Afrika zählte, erforderten einen engen transatlantischen Schulterschluss. Stabilität in der Welt sei nur zu erreichen, wenn die USA auch weiterhin zu einer internationalen Führungsrolle bereit seien.