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Heilige Zeiten – Welche religiösen Feste feiern Menschen in Deutschland?
Teil XVI: Allerheiligen und Allerseelen

Das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Glaubens gelingt umso besser, je mehr wir voneinander wissen. In einer kleinen Reihe wollen wir Unwissen mit Wissen begegnen und neugierig machen auf verschiedene Feste, die in Deutschland gefeiert werden. Heute: Allerheiligen und Allerseelen.

Katharina Zöpfl, Redakteurin bei der Münchner Kirchenzeitung und ehemalige HSS-Stipendiatin.

Katharina Zöpfl, Redakteurin bei der Münchner Kirchenzeitung und ehemalige HSS-Stipendiatin.

Klaus Schlaug (Sankt Michaelsbund)

Für viele Menschen gilt der 1. November als „Totentag“. Die Bedeutung des katholischen Hochfestes Allerheiligen ist eigentlich eine andere. Wie der Name schon ausdrückt, gedenken Gläubige an diesem Tag der Heiligen. Allerheiligen gehört zu den stillen Feiertagen, das bedeutet, dass Tanzveranstaltungen, laute Musik, und Volksfeste verboten sind. Am 2. November, an Allerseelen, gedenken Katholikinnen und Katholiken aller Verstorbenen.
Was genau gefeiert wird und wie sich die Feste gestalten, erklärt uns Katharina Zöpfl.

Neben den kanonisierten Heiligen sind am Hochfest Allerheiligen auch „Brüder und Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind“, gemeint, wie es im Messbuch heißt. Das sind Verstorbene, die zwar nie offiziell heiliggesprochen wurden, ihren Glauben in ihrem Leben aber konsequent verwirklicht haben. Allerheiligen ist also das Fest „aller der in Christus Vollendeten“.
Damit steht es ursprünglich in enger Verbindung mit dem Osterfest, an dem Christinnen und Christen die Auferstehung Jesu feiern: In den Heiligen zeigt sich die Erlösungstat Jesu Christi, ihr Leben ist vollkommen. Die Verehrung der Heiligen, die nach katholischem Glauben in der Gemeinschaft mit Gott leben, verweist also letztlich auf Jesus selbst. Um diesen Zusammenhang mit dem Osterfest zu verdeutlichen, wurde der Heiligen wohl seit dem vierten Jahrhundert zunächst am Sonntag nach Pfingsten gedacht. Als Initiator des Festes gilt der mittelalterliche Theologe Alkuin. Im Jahr 609 wandelte Papst Bonifatius IV. das römische Pantheon, einen allen Göttern geweihten Tempel, „unter Anrufung der heiligen Jungfrau und aller heiligen Märtyrer zu Ehren des wahren Gottes" in eine christliche Kirche um. Nun wurde das Haus allen Märtyrern gewidmet.

Papst Gregor III. weihte etwas später, im Jahr 731, im Petersdom eine Kapelle „zur Ehre Jesu Christi unseres Erlösers, seiner heiligen Mutter, der heiligen Apostel, Märtyrer, Bekenner und aller Gerechten, deren Gebeine auf der weiten Erde in dem Herrn ruhen“. Außerdem legte er den Feiertag Allerheiligen auf den 1. November. Ab dem 8. und 9. Jahrhundert wurde Allerheiligen dann überall im westlichen Bereich der Kirche gefeiert. Erst Jahrhunderte später, 1475, rief Papst Sixtus IV. den 1. November als für die ganze Kirche gebotenen Festtag aus.

Das Fest Allerseelen entstand im zehnten Jahrhundert auf Initiative von Abt Odilo von Cluny. An diesem Tag, dem 2. November, gedenken Katholikinnen und Katholiken aller Verstorbenen. Mit dem Totengedenken ist eine feierliche Gräbersegnung verbunden, die an vielen Orten bereits am Allerheiligen-Nachmittag durchgeführt wird, da dieser Tag im Gegensatz zu Allerseelen ein gesetzlicher Feiertag und somit arbeitsfrei ist. Es ist Brauch, die Gräber geliebter Menschen zu besuchen, sie zu schmücken und Lichter zu entzünden, die sinnbildlich für das ewige Leben stehen. Die beiden Festtage sind mittlerweile eng miteinander verschmolzen, weshalb Allerheiligen häufig fälschlicherweise auf einen Totengedenktag reduziert wird.

Der häufig düstere Monat November führt uns ganz deutlich die Vergänglichkeit der Natur und damit unseres eigenen Lebens vor Augen. Gleichzeitig steckt in diesen Tagen für Christinnen und Christen die Hoffnung auf Auferstehung und ein Leben nach dem Tod – ebenso wie die Gewissheit, dass die kahlen Bäume bald schon wieder neu erblühen werden.

Gesprächspartnerin: Katharina Zöpfl.