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Industrie 4.0
Ökonomische Optimierung und Verwundbarkeit von Unternehmen

Die Hanns-Seidel-Stiftung möchte ein Dialogforum bieten, in dem sich politische Entscheidungsträger und Experten aus Technik und Wirtschaft austauschen, um die ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der sogenannten digitalen Revolution angemessen steuern zu können.

Andreas Lenz, Alfons Botthof, Constanze Kurz, Sven Plaga, Volker Wittpahl

Andreas Lenz, Alfons Botthof, Constanze Kurz, Sven Plaga, Volker Wittpahl

Teilnehmer der Auftaktveranstaltung zum Dialogforum Industrie 4.0 am 9. März 2016 im Konferenzzentrum München waren unter der Moderation von Prof. Dr.-Ing. Volker Wittpahl (iit): Alfons Botthof vom VDI/VDE-IT, Dr. Sven Plaga vom Fraunhofer AISEC, Dr. Constanze Kurz vom Chaos Computer Club und Dr. Andreas Lenz, MdB.

Hier die wesentlichen Ergebnisse der Vorträge und der Podiumsdiskussion:

Die Digitalisierung der Produktionsprozesse hat großes Wirtschaftspotential. Es handelt sich um einen Multi-Milliardenmarkt, in dem Deutschland weit vorne liegt. Vor allem im Maschinen- und Anlagenbau aber auch bei der Sensorik – einer Schlüsselfunktionalität für Industrie 4.0 – und den Sensorsystemen ist Deutschland gut im Markt aufgestellt. Positive Wachstumsaspekte sind auch deshalb zu erwarten, weil die kosteneffiziente Digitalisierung der Fertigungsprozesse mit sich bringen wird, dass die Produktion nicht mehr aus Kostengründen ins Ausland verlagert werden muss. Problematisch zu bewerten ist, dass im Mittelstand noch großer Handlungsbedarf bei der Gestaltung der Digitalisierung liegt.

Zur intelligenten Vernetzung der Maschinen und ihrer Kommunikation über das Internet bedarf es einer neuen Kommunikationsplattform. Die bestehende ist anfällig für Spionage und Sabotage, die Source-Codes, die gesamte Infrastruktur sind veraltet. Neue Fundamente und Architekturen der digitalen Kommunikation, auf die Industrie 4.0 aufsetzt, müssen erst gebaut und entwickelt werden. Der Schaden durch Cyberkriminalität beläuft sich derzeit auf eine Billion Dollar pro Jahr. Allein die USA rechnet mit 6000 aktiven amerikanischen Cyberkriegern. Hier ist der politische Handlungsbedarf besonders hoch.

Um die positiven Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, müssen vor allem die mittelständischen Unternehmen für die Sicherheitsthematik besser sensibilisiert werden. Sie tendieren dazu, digitale Sicherheit nicht als einen permanenten Prozess zu betrachten, der ständig verfeinert werden muss, sondern geben sich mit der Installation eines Sicherheitsprodukts zufrieden. Das ist nicht zuletzt deshalb gefährlich, weil sich in der Schattenwirtschaft ein reger Handel mit den Sicherheitslücken von Firmen, Organisationen und Institutionen entwickelt hat, der sich in den zahlreichen Angriffen auf Betriebe niederschlägt. Bessere Kryptographie, die Echtzeitkommunikation nicht verzögert, Auditierung von Soft- und Hardware und Bildungsstrategien zum Schutz der Unternehmen aber auch für den Bürger sind notwendige politische Rahmenbedingungen.

Die Verwundbarkeit der Systeme dockt einmal an der technischen Dimension an, die aktuell durch eher konventionelle Systeme wie Back-Up-Lösungen eingedämmt werden kann. Zum anderen aber wird die Verwundbarkeit auch durch die Verhaltensänderungen der Menschen, die sich durch den digitalen Wandel ergeben, verstärkt. Die Vernetzung nahezu aller Lebensbereiche führt etwa zu völlig anderen Bezahlfunktionen – an den Banken vorbei. 

Digitaler Wandel lässt sich nicht aufhalten, aber politisch gestalten.
Die politischen Aktivitäten zum Digitalisierungsprozess sind noch unkoordiniert. Eventuell wäre ein deutsches oder europäisches Digitalisierungsministerium sinnvoll.

Es ist davon auszugehen, dass Industrie 4.0 einen fundamentalen Wandel in der Arbeitswelt herbei führen wird. Eine sozialpartnerschaftliche Diskussion über Arbeitszeitgesetze und Arbeitsrecht muss die gültigen Werte verteidigen und dennoch gleichzeitig die Flexibilität und Freiheit, die die Digitalisierung verspricht, fördern.