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Südliches Afrika
Die Rolle der Zivilgesellschaft in der demokratischen Entwicklung

Südafrika gelang in den frühen 90er Jahren ein relativ friedlicher Übergang vom Apartheidsystem zur Demokratie.“Ein Wunder”, sagen viele noch heute. Im Lande Nelson Mandelas, in dem der Afrikanische Nationalkongress (ANC) seit den ersten freien Wahlen 1994 regiert, wächst angesichts der verbreiteten Armut und zunehmenden Korruptionsvorwürfe die Unzufriedenheit. Viele bangen um die Unabhängigkeit mancher demokratischen Institution. Auch in den Nachbarländern gibt es ernsthafte Probleme.

Wie steht es um die Demokratie in Südafrika heute? Welche Fortschritte und Herausforderungen gibt es in Namibia? Wie ernst und wie gefährlich ist die Krise in Simbabwe?

Prof. Ursula Männle inmitten einer Gruppe von Frauen und Männern. Bei der Einweihung einer Küche im Bergzicht Trainingszentrum in Stellenbosch/Südafrika, die von der HSS gesponsert wurde.

Ursula Männle bei der Eröffnung einer Trainingsküche im Bergzicht Trainingszentrum in Stellenbosch(Südafrika)

Vom 28. November bis 2. Dezember 2016 informierte sich die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Prof. Ursula Männle, vor Ort über aktuelle Entwicklungen. In Gesprächen mit Projektpartnern wurde besonders die Rolle der Zivilgesellschaft betont. Prof. Männle konnte vielerorts Impulse für eine Weiterentwicklung und Vertiefung der Zusammenarbeit geben.

Dialog und politische Bildung

Bei der Nelson-Mandela-Stiftung in Johannesburg, die der legendäre Freiheitskämpfer und Staatsmann der Versöhnung im Jahre 1999 nach seiner Amtszeit als Präsident gegründet hatte, erfuhr Prof. Männle, wie sich die Organisation heute für die als gefährdet erlebte Demokratie im Land einsetzt. Wie kaum eine andere Institution genießt die Nelson-Mandela-Stiftung das Vertrauen wichtiger Interessengruppen und der breiten Öffentlichkeit. So gelingt es ihr, den Dialog über schwierige gesellschaftspolitische Themen produktiv zu führen. Vor wenigen Wochen hatte sie in einer vielbeachteten Erklärung den ANC zur Reform aufgerufen und ihre Sorge um die Zukunft des Landes offen ausgesprochen. Gemeinsam mit der HSS hatte sie 2015 die Civics Academy gegründet, eine Online-Plattform für politische Bildung in Südafrika. Im Gespräch mit Prof. Männle wurde konkretisiert, wie die HSS die Nelson-Mandela-Stiftung weiter unterstützen kann.

Wissenschaftliche Untersuchungen zur Politikberatung

Bei einem Treffen mit der Leitung des Institute for Security Studies (ISS), einem langjährigen Partner der HSS und dem wohl einflussreichsten Think Tank des Kontinents, wurde eine weitere Kooperation zur Erforschung der Migration von Afrika nach Europa vereinbart. Prof. Männle regte eine gemeinsame Veranstaltung im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz an.Vom ISS erstellte empirische Studien und Prognosen zur gesellschaftlichen Entwicklung in Südafrika und anderen afrikanischen Ländern thematisieren auch Handlungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft, durch kritisches Engagement und konstruktive Partnerschaften demokratische Fortschritte und nachhaltige Entwicklung zu fördern. Die Experten des ISS tragen durch Medieninterviews und Unterredungen mit Entscheidungsträgern zum Diskurs und Politikgestaltung bei. Sie sind aufgrund ihrer Kompetenz gefragte Gesprächspartner bei den Vereinten Nationen, dem World Economic Forum sowie Politikern in Brüssel und Berlin. Beim Treffen mit Prof. Männle wurden für 2017 Informationsveranstaltungen in Deutschland vereinbart.

Prof. Ursula Männle bei ihrer Begrüßungsrede, beim Empfang im House of Democracy in Windhuk,Namibia, am 29. November 2016

Ursula Männle beim Empfang HSS im House of Democracy in Windhuk,Namibia

Umweltschutz: Aufklärung und Training

In Windhuk, Namibia, konnte Professor Männle mit dem stellvertretenden namibischen Außenminister, Dr. Peya Mushelenga über die deutsch-namibischen Beziehungen sowie die Projektarbeit der HSS im Land sprechen. Es wurde vereinbart, die Zusammenarbeit in ausgewählten Projekten zu intensivieren. Dies gilt für den Bereich Klimaschutz und den Umgang mit dem Wassermangel. Hier unterstützt die HSS die öffentliche Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung. Ihre praxisnahen Videos werden im Fernsehen zur Hauptsendezeit von Millionen angeschaut und Trainingskurse in vielen Regionen des Landes unterstützen Verwaltung und Zivilgesellschaft gleichermaßen.

Korruptionsbekämpfung

Ein Treffen mit dem Direktor der namibischen Anti-Korruptionsbehörde, Paulus Noa, verdeutlichte, wie wichtig und zugleich schwierig es ist, die Korruption im Land einzudämmen. Die Gesprächsteilnehmer zogen Bilanz über die vielfältigen Maßnahmen der HSS in diesem Bereich und diskutierten eine Weiterentwicklung der Aktivitäten und künftige Strategien. Sie konzipierten gemeinsam eine Veranstaltungsreihe für das kommende Jahr.

Nachhaltiges Wachstum durch privatwirtschaftliche Initiativen

Beim Jahrestreffen des innovativen, von der HSS unterstützten neuen Wirtschaftsverbandes "Economic Association of Namibia", hob Prof. Männle die Bedeutung des Privatsektors für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung des Landes hervor. Der prominente südafrikanische Autor Moeletsi Mbeki riet in seiner Rede zu einem ausgewogenen Ansatz bei der Förderung von benachteiligten Bevölkerungsgruppen, der fair und effizient ist und auch die Erfahrungen aus seinem Heimatland kritisch berücksichtigt.

Verbesserte Regierungsführung durch Training für Kommunalverwaltungen und Gemeinderäte

In Kapstadt besprach die Vorsitzende der HSS mit der Premierministerin der Westkap-Provinz, Helen Zille, die Vertiefung der langjährigen Kooperation zwischen Bayern und dem Westkap und erörterte die Maßnahmen der HSS bei der Beratung südafrikanischer Gemeindeverwaltungen. Künftig soll die Online-Plattform Civics Academy der HSS gezielt in Bildungsmaßnahmen integriert werden.

Vergangenheitsbewältigung und demokratische Reformen

In Kapstadt nahm Prof. Männle an einem Diskussionsforum mit prominenten Wissenschaftlern und Vertretern der Zivilgesellschaft über die Zukunft der Demokratie im südlichen Afrika teil. Gemeinsam mit der südafrikanischen Autorin und ehemaligen Weltbank-Direktorin Dr. Mamphela Ramphele und dem ehemaligen simbabwischen Minister für Erziehung, Sport und Kultur, Senator David Coltart, diskutierte sie sozioökonomische Entwicklungen in diesen Ländern. Ein Fokus lag auf der schwierigen Vergangenheitsbewältigung in Südafrika. Es wurde deutlich, wie die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Krise Simbabwe an den Rand des Abgrunds getrieben hat, so dass Reformen dringend nötig sind, um Menschenrechtsverletzungen und wirtschaftliche Engpässe zu beenden und eine weitere Eskalation der gefährlichen Lage zu verhindern.

Bei den vielfältigen Begegnungen während des Aufenthaltes von Prof. Männle kamen Handlungsmöglichkeiten für gezieltes gesellschaftliches Engagement zur Sprache. Prof. Männle skizzierte, wie die HSS mit ihren internationalen Erfahrungen die Partner im südlichen Afrika in ihrer praktischen Arbeit unterstützen könne. Die Vorsitzende der HSS erinnerte daran, dass auch in Deutschland Demokratie immer gepflegt, geschützt und weiterentwickelt werden müsse.

 Unsere Arbeit in Namibia und Südafrika