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Autorinnen diskutierten zum Thema Care-Arbeit
„Care-Arbeit – who cares? Gleiches Recht für alle!“

Autor: Katja Zirkel

„Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit von der Politik und mehr Anerkennung – in gesellschaftlicher und finanzieller Hinsicht“ brachte Kathrin Alte, Bürgermeisterin der Gemeinde Anzing und Mitglied der Hanns-Seidel-Stiftung, das Thema Care-Arbeit auf den Punkt. In der Tat werden drei Viertel aller Pflegebedürftigen von Frauen gepflegt. „Wir Frauen sind der größte Pflegedienst in Bayern“, bekräftigte die Politikerin in ihrer Eröffnungsrede.

Anne Dittmann, Jasmin Dickerson und Teresa Bücker diskutierten mit BR-Moderatorin Jutta Prediger (von links) zum Thema Care-Arbeit.

Anne Dittmann, Jasmin Dickerson und Teresa Bücker diskutierten mit BR-Moderatorin Jutta Prediger (von links) zum Thema Care-Arbeit.

Katja Zirkel; HSS

Die Fachtagung „Care-Arbeit – who cares? Gleiches Recht für alle!“, die vor rund 140 Teilnehmenden im Münchner Konferenzzentrum der Hanns-Seidel-Stiftung stattfand, widmete sich der zentralen Frage, wie Menschen, die Care-Arbeit leisten, Anerkennung in der Gesellschaft finden und wie faire Bedingungen geschaffen werden können. Care-Arbeit umfasst alle Tätigkeiten, die unsere Gesellschaft am Laufen halten:  Kinderbetreuung, Hausarbeit, Pflege von Angehörigen und vieles mehr. Trotz der großen Bedeutung dieser Arbeit ist sie jedoch noch immer nicht gerecht bewertet und wird zudem zum größten Teil von Frauen geleistet.  Wie sehr das Thema vor allem den Frauen unter den Nägeln brannte zeigte auch die hochkarätige Besetzung des Plenums: Barbara Ammer-Scheerle, Ministerialrätin im Bayerischen Sozialministerium, Monika Meier-Pojda, Präsidentin des Bayerischen Landesfrauenrats, Andrea Laux von MINE (Mütterzentren international), Jusra Al-kaisi von der Zukunftsstiftung Ehrenamt in Bayern. Doris Lüken-Klaßen vom Staatsinstitut für Familienforschung der Universität Bamberg sowie eine Delegation verschiedener Eltern-Kind-Zentren in Südtirol.

Bestseller-Autorin Teresa Bücker sprach über Geschlechtergerechtigkeit und bessere Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Beruf.

Bestseller-Autorin Teresa Bücker sprach über Geschlechtergerechtigkeit und bessere Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Beruf.

Katja Zirkel; HSS

Rückgrat der Gesellschaft

„Care-Arbeit ist die Basis und das Rückgrat unserer Gesellschaft“, resümierte Susanne Veith, Geschäftsführerin des Landesverbands der Mütter- und Familienzentren in Bayern, und mahnte zugleich: „Die ungleiche Verteilung der Care-Arbeit macht uns wütend, denn wir erleben täglich die Belastung und Erschöpfung junger Mütter, die sich bei uns Rat und Hilfe holen.“ Es sei dringend notwendig Ideen zu sammeln, um die Care-Arbeit gerecht aufzuteilen.

Die Publizistin und Bestsellerautorin des Buchs „Alle_Zeit“, Teresa Bücker, lieferte in ihrem anschließenden Vortrag interessante Fakten zur Bedeutung der Care-Arbeit in unserer Gesellschaft, zum Thema Geschlechtergerechtigkeit und fairen Arbeitsbedingungen und -möglichkeiten für alle. Ihr Plädoyer: „Care-Verantwortung gehört zur Lebensrealität und muss daher in unsere Zeitkultur integriert werden“. Für die Autorin, selbst Mutter von zwei Kindern, könnte der Hebel bei der Reduzierung der Erwerbstätigkeit liegen – zumindest bei Paaren mit Kindern. Auch Umfragen hätten gezeigt, dass Frauen und Männer mit Kindern gern weniger arbeiten würden. Frauen setzten hierbei jedoch andere Prioritäten, da für sie eine Balance zwischen Arbeit und Privatleben wichtig sei. Immerhin arbeite der Großteil der Frauen, 82 Prozent, freiwillig in Teilzeit.

Podcasterin und Influencerin Jasmin Dickerson hielt eine bewegende Rede über ihr Leben als Alleinerziehende mit behindertem Kind.

Podcasterin und Influencerin Jasmin Dickerson hielt eine bewegende Rede über ihr Leben als Alleinerziehende mit behindertem Kind.

Katja Zirkel; HSS

Ein Teilzeit-Gehalt muss reichen

In der anschließenden Diskussion zum Thema „Wie sollen wir es denn nun machen?“ diskutierte BR-Moderatorin Jutta Prediger mit Teresa Bücker, Anne Dittmann, Journalistin und Bestsellerautorin des Buchs „solo, selbst & ständig“ und Jasmin Dickerson, Podcasterin und Influencerin. Anne Dittmann, alleinerziehende Mutter eines Sohnes, schilderte die oftmals herausfordernde Lebenssituation von Alleinerziehenden und forderte steuerliche Entlastung. Teresa Bücker bekräftigte, dass auch ein Teilzeit-Gehalt ausreichen müsste, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Vieles spreche ihrer Ansicht nach dafür die Care-Arbeit zu reduzieren: Es müsse Zeit bleiben, um sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen, wie zum Beispiel im Gemeinderat oder in einer Partei. Ein Problem, das der Doppelbelastung geschuldet ist, da viele Frauen schlichtweg zu müde sind, um sich neben Job und Familie noch ehrenamtlich zu engagieren. Gefragt sei mehr Lebensqualität, vor allem mehr „Me-Time“. Jasmin Dickerson, alleinerziehende Mutter einer sechsjährigen behinderten Tochter, schilderte die Herausforderungen bei der Betreuung von Kindern mit Behinderung und warb für mehr Inklusion. In ihrer bewegenden Schlussrede schilderte sie das Problem der Einsamkeit, die ihre Lebenssituation präge.

So zeigten sich denn auch die Ratschläge der drei Expertinnen ans Plenum ebenso pragmatisch wie lebensnah: Teresa Bücker riet sich Partner zu suchen, die etwa gleich viel verdienten wie man selbst, Anne Dittmann empfahl das Familienleben so zu gestalten, dass die finanziellen Mittel vorhanden sind, um sich im Notfall jederzeit vom Partner oder der Partnerin zu trennen. Dazu gehöre ihrer Ansicht nach ein gerechter Ehevertrag sowie ein konkreter Plan, wie man nach der Elternzeit wieder zurück in den Beruf finden könne. Und Jasmin Dickerson ermutigte die Frauen sich Netzwerke von Freunden und Nachbarn aufzubauen, die über die Familie hinausgehen.

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