Print logo

Asylbewerber und Flüchtlinge - eine Herausforderung für die Schulen

Die Beschulung von berufsschulpflichtigen Asylbewerbern und Flüchtlingen stellt eine äußerst anspruchsvolle und zugleich neue Herausforderung dar. Wir haben einen überarbeiteten Tagungsbericht von unserer Veranstaltung mit dem Kultusministerium im Februar 2015 und Zusatzmaterial zum Thema zusammengestellt.

Workshop zu den "Gelingensfaktoren in Berufsvorbereitung und Ausbildung"

Workshop zu den "Gelingensfaktoren in Berufsvorbereitung und Ausbildung"

Die Beschulung von berufsschulpflichtigen Asylbewerbern und Flüchtlingen stellt eine äußerst anspruchsvolle und zugleich neuartige Herausforderung für die Bayerischen Berufsschulen dar. Asylbewerber und Flüchtlinge bilden eine sehr heterogene Schülergruppe, die besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegt, und auch im Unterricht, nicht nur bezüglich der Sprachförderung, besondere Betreuung braucht. Die Kooperationsveranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst am 4./5. Februar 2015 in Wildbad Kreuth widmete sich dieser vielfältigen Fragestellung.

Die aktuellen Zahlen sprechen für sich und machen die Brisanz der Thematik deutlich: Zum 31. Dezember 2014 hielten sich in Bayern insgesamt 12.104 Asylbewerber und Flüchtlinge im berufsschulpflichtigen Alter (16-21 Jahre), davon 3.801 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf. Die Zahlen von 2015 erreichen eine ganz andere Dimension. Zum Stand 30. September 2015 war die Zahl der berufsschulpflichtigen Asylbewerber und Flüchtlinge auf 29.114 gestiegen, davon 10.787 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Dies bedeutet eine gesellschafts- und bildungspolitische Herausforderung, die es gilt zu meistern. Zudem ist damit zu rechen, dass der Flüchtlingsstrom in absehbarer Zeit nicht stoppen wird.

Gespräche beim "Markt der Möglichkeiten"

Gespräche beim "Markt der Möglichkeiten"

Bereits in den vergangenen Jahren wurden vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst die berufsvorbereitenden Unterrichtsangebote für berufsschulpflichtige Asylbewerber und Flüchtlinge massiv ausgeweitet. Eine Beschulung dieser Personengruppe in regulären Klassen für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz (JoA) ist aufgrund unzureichender oder in aller Regel nicht vorhandener Sprachkenntnisse nur in Ausnahmefällen möglich. Als geeignet hat sich ein zweijähriges Beschulungsmodell in Vollzeit erwiesen (Schwerpunkt: 1. Jahr: Spracherwerb und Alphabetisierung, 2. Jahr: Berufsvorbereitung mit besonderer sprachlicher Förderung). Dieses Modell findet überregional große Aufmerksamkeit und von vielen Seiten, u.a. von Ausbildungsbetrieben und Flüchtlingsorganisationen, hohen Zuspruch. Eine Reaktion auf die steigende Anzahl jugendlicher Asylbewerber und Flüchtlinge war, diese berufsvorbereitenden Unterrichtsangebote in Bayern noch weiter auszuweiten. So wurde seit der Veranstaltung im Februar 2015 das Angebot der berufsvorbereitenden Unterrichtsangebote erheblich aufgestockt. Zu Beginn 2015 gab es 190 Berufsintegrationsklassen, bis zum 30. Oktober 2015 wurden diese auf 448 erhöht.

Im Anschluss an die Berufsvorbereitung nehmen diese jungen Menschen idealerweise eine (duale) Berufsausbildung auf. Das Thema „Berufliche Bildung für Asylbewerber und Flüchtlinge“ wurde bei der genannten Veranstaltung mit Fachleuten aus dem Bildungsbereich, der Wirtschaft, der Kammern, der Politik, der Schulaufsicht, der Schulverwaltung, von Verbänden, Vereinen und Institutionen relevanter Flüchtlingsarbeit sowie Vertretern der Regierungsbezirke, der zuständigen Ministerien, einzelner Schulen etc. diskutiert. Dabei wurden auch Gelingensfaktoren definiert, damit dieser Personenkreis zukünftig möglichst erfolgreich auf diesem Weg in eine selbstbestimmte Existenz unterstützt werden kann – sowohl im Bereich der Ausbildungsvorbereitung als auch während der Ausbildung.

Anhängend finden Sie das Impulsreferat von Frau Prof. Ursula Münch, der Leiterin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. Mit ihrem Vortrag im Februar 2015 „Menschen auf der Flucht: Ursachen, Ausprägungen und Folgen von Zwangsmigration“ gab sie einen detaillierten Überblick über die weltweite Migration und erläuterte die politisch beeinflussbaren und nicht beeinflussbaren Steuerungsmechanismen der Zuwanderung. Sie konstatierte, dass die Aufnahmebereitschaft einer Gesellschaft sehr von den Strukturen der aufnehmenden Gesellschaft abhänge. So habe sich die deutsche Gesellschaft zunehmend mehr zu einer Aufnahmegesellschaft hin verändert. Jedoch müsse diese Veränderung der Gesellschaft bewusst bei den Menschen ankommen; dies sei eine Bildungsaufgabe, die auch aufklärende Hintergründe sowohl in den Unternehmen, in den Behörden als auch in der Bürgerschaft vermitteln müsse.

Unter dem Motto, „Was tun wir, was brauchen wir noch?“ kamen Schüler, Lehrkräfte und außerschulische Partner zu Wort. Drei staatliche und zwei kommunale Schulen stellten ihre Konzepte und die Zusammenarbeit mit ihren Partnern in der beruflichen Bildung vor. Ein „Markt der Möglichkeiten“ bot für alle Teilnehmer eine individuelle Durchsicht und Vertiefung der einzelnen Konzepte. Eine Zusammenstellung der diversen Konzepte steht zum Download bereit.

Die Podiumsdiskussion, die Michael Stenger, der Vorsitzende vom Trägerkreis Junge Flüchtlinge e.V. moderierte, beherrschte die zentrale Frage: „Wie geht es weiter?“ Die Teilnehmer, Klaus Beier, Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Bayern, Mgtd. German Denneborg, Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Harald Gerstner, Handwerkskammer für München und Oberbayern, Dr. Christof Prechtl, Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., Hubert Schöffmann, Industrie und Handelskammer für München und Oberbayern, waren sich darin einig, dass die Thematik nur mit vereinten Kräften und dem Einsatz aller vorangebracht werden kann. Die Statements der einzelnen Podiumsteilnehmer stehen ebenfalls zum Download bereit.

Fazit: Die Veranstaltung war angelegt, sowohl die Berufsvorbereitung als auch die Berufsausbildung für die Personengruppe der Asylbewerber und Flüchtlinge weiter zu optimieren und diese jungen Menschen auch bei der Integration besser unterstützen zu können. Die Tagung veranschaulichte, dass bereits sehr viel in diesem Bereich aufgebaut wurde, dass aber noch viel getan werden müsse, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingszahlen. Erklärtes Ziel von Politik, Wirtschaft, Schule und Gesellschaft muss es sein, den jungen Flüchtlingen und Asylbewerbern so rasch und effizient wie möglich den Weg in eine Ausbildung zu eröffnen.